Worldcon, ich komme!

Nächste Woche um diese Zeit bin ich schon mittendrin.

 

Wo? Hoffentlich knietief in Inspiration, neuem Elan und einer Wundertüte an Wissen ... denn ich fliege nach Helsinki (Endlich! Finnland! Jubel!) und nehme an der Worldcon 75 teil. Worum geht's? Science Fiction, Fantasy, Cosplayer, die Verleihung der Hugo Awards. Vorträge, Diskussionen und Workshops zu einer schwindelerregenden Menge unterschiedlicher Themen. Das reicht vom Bericht aus dem Alltag eines Astronauten über das Schmieden von Waffen bis hin zur Verteidigung unsympathischer Heldinnen in der Literatur. Musik, Tanz und Verkleidung. Und da wir in Finnland sind, wahrscheinlich auch Sauna, Salmiaki und Schneemänner.

 

Wie üblich habe ich gleich mehrere Gründe für den Besuch dieser besonderen Veranstaltung.

 

Finnland. Wollte ich schon ewig hin. Mir geht es da wie Stephen Crane, der erst einen Roman über den amerikanischen Bürgerkrieg geschrieben hat und später Kriegsberichterstatter wurde, weil er sich ansehen wollte, wie es denn nun wirklich zugeht und aussieht im Krieg. Ich habe einen Roman über Finnland geschrieben (okay, auch über Wien und Hamburg und allerlei Orte dazwischen, und der größte Teil, der in Finnland spielt, findet vor 1000 Jahren statt ... aber trotzdem), ohne je dort gewesen zu sein. Das hole ich jetzt endlich nach. Außerdem machen die Finnen gute Musik und haben die Sauna erfunden.

 

Finnland. So wie Stephen Crane immer wieder zum Krieg zurückgekehrt ist in seinen Geschichten, habe ich auch mit Finnland noch viel vor. Ein Projekt, an dem ich gerade erst zu tüfteln anfange, soll eine Neuerzählung des Kalevala werden, kurz gesagt der finnischen Mythen und Heldenlieder, ähnlich dem wunderbaren "kleinen Familienbuch der nordischen Sagen" von Luci van Org, Die Geschichten von Yggdrasil. So etwas möchte ich für den finnischen Schatz an Geschichten machen, eine runde, moderne, für alle Altersklassen geeignete Sammlung der bei uns immer noch ziemlich unbekannten Mythologie Finnlands. Und auf der Worldcon gibt es eine ganze Reihe von Veranstaltungen, die mir bei diesem Projekt helfen können.

 

Mitmachen. Und genau deswegen setze ich mich auch selbst auf die Bühne und diskutiere mit Kolleginnen und Kollegen über Mythologie: Ich nehme an einem Panel teil, in dem es um den Einfluss alter Mythen auf Science Fiction geht. Falls irgendjemand auch vor Ort ist: Freitagmittag, 13 Uhr. Ich bin sehr gespannt.

 

Inspiration. Denn es gibt ja noch ein großes, ausuferndes Projekt, das ich endlich in eine sinnvolle Form bringen und schreiben möchte. Ein Roman (bzw. mehrere) über die Loreley (bzw. eine ganze Reihe von Wasserwesen und -Gottheiten), über dem ich schon viel zu lange brüte, ohne dass ich etwas Handfestes vorzuweisen habe. Pläne, Notizen zuhauf, einzelne Szenen, endlose Recherchen und einen Haufen Bücher, Bookmarks, Berge von Input und Hintergrundwissen ... aber irgendetwas fehlt noch immer, um die Sache ins Rollen zu bringen. Um ein Buch daraus zu machen. Insofern ist die Reise nach Finnland auch die Suche nach dem Heiligen Gral der Inspiration – oder dem Tritt in den Hintern, der mich in die richtige Richtung befördert. Das Projekt ist eben immer ambitionierter geworden, je mehr ich daran getüftelt habe. Das macht es schwer, es in Gang und in Form zu bringen.

 

Motivation. Nicht so sehr für diese beiden größenwahnsinnigen Schreibprojekte, sondern vielmehr für meinen Job als Übersetzerin. Auch zu diesem Thema gibt es auf der Worldcon mehrere Veranstaltungen und da ich mich viel zu selten mit Kollegen auf diesem Gebiet austausche, freue ich mich sehr darauf ... denn seien wir ehrlich, mit dem Übersetzen verdiene ich meine Brötchen. Meinen Tofu, mein Gemüse, meine Cola. Das ist auch der Hauptgrund, warum hier immer wieder monatelang Stille herrscht. Liegt schlicht an der Arbeit. Im Durchschnitt übersetze ich einen Roman alle sechs Wochen, dazwischen treibe ich mich im Internet, bei Lesungen, auf Festivals oder in fremden Städten herum ... kein Wunder bleibt da nicht viel Zeit für das Schreiben. Auch wenn das immer da ist, immer irgendwo in den Lücken zwischen Pflicht und Faulheit stattfindet. Im Zwielicht am Ende langer Tage. Aber manchmal mache ich den Fehler, den Brot- und Tofu-Job nur als Arbeit zu sehen, nicht als selbstgewählte Aufgabe und großartigen Beruf. Ich möchte also in Helsinki auch diese Batterien aufladen, damit das alles noch mehr sprudelt und Spaß macht. ich möchte das feiern, was ich bin und tue.

 

Und jetzt übersetze ich noch ein paar Seiten. Bis bald. Mal sehen, was ich zu erzählen habe, wenn ich aus Finnland zurückbin. 

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