Freud, die Playlist, und der ganze Rest

War nicht allzu spannend hier zuletzt, was? Aber ich war auch nicht in der Stimmung für Goodies oder Entertainment. Und jetzt? Bin ich in der Stimmung für, naja, Erkenntnisse. Deja Vu's. Die Couch.

 

Gestern habe ich mich nach viel zu langer Zeit endlich mal wieder zum Joggen aufgerafft, und es war klasse. Anstrengend, weil aus der Übung, klar, aber trotzdem so Kopf-frei-machend und stimmungsaufhellend wie eh und je. Was für mich beim Laufen typisch ist, nachdem ich meinen Rhythmus gefunden habe, ist das schöne freie Fließen der Gedanken und Ideen. Neue Wendungen, Szenen und Figuren für meine Geschichten haben ihre Wurzeln ganz oft in einer Runde Laufen. Oder Gedichte, Songtexte, all der Kram, den bisher noch keiner gesehen hat. Aber manchmal gehen die Gedanken auch in eine andere Richtung, philosophisch, psychologisch, auf die Meta-Ebene sozusagen.

 

Ich laufe also so vor mich hin, und wie üblich nach längerer Faulheitspause schüttele ich den Kopf über mich selbst, weil es jedes Mal das Gleiche ist - ich laufe los und fühle mich top, frage mich, wieso ich das nicht schon die ganze Zeit gemacht habe, es wird für eine Weile zur Routine, es geht mir gut, bis irgendwann die Unlust, der Schweinehund, oder sonstwas zuschlägt, und ich laufe wieder seltener, dann gar nicht mehr, passt schon, ich vermisse es nicht, bis irgendwann die Rastlosigkeit, die Unzufriedenheit, oder der Freud zuschlägt, und dann muss ich raus... und wieder los laufen. Diesmal war es ganz sicher der Freud.

 

Ich bin keine Expertin, und der alte Mann ist ja auch überholt, aber ist Sublimation nicht was Feines? [wikipedia definiert: "Sublimierung oder Sublimation: Nicht erfüllte Triebwünsche werden durch gesellschaftlich höher bewertete Ersatzhandlungen ersetzt und damit befriedigt (Kunst, Wissenschaft, Musik, Sport, exzessive Arbeit). Typischerweise eignen sich für bestimmte Wünsche bestimmte Sublimationstechniken besonders gut. So werden aggressive Triebe oft durch Sport sublimiert, sexuelle Wünsche durch Beschäftigung mit schönen Künsten oder kindliche Neugierde durch wissenschaftliche Forschertätigkeit. Sublimierungen erfüllen die Befriedigung der Triebwünsche oft gut und werden dann nicht als psychopathologisch angesehen. Nach Freud ist die Sublimierung ein wichtiger Motor für die Kulturentwicklung."]

 

Jau. Sexuelle Wünsche. Das auch. Oder einfach unbändige Gefühle, anregend, beunruhigend, noch nicht rational erfasst, im Zaum, handhabbar. Unrast im Herzen, und auch im Kopf. Die hat sich zunächst in körperliche Unrast gewandelt, sprich, ins Bedürfnis, endlich wieder laufen zu gehen. Sicher nicht, um all dem davon zu laufen, sondern eher um ihm eine Bahn zu schaffen. Der erste Schritt der Sublimation. Denn beim Laufen traben die Gefühle/Triebe mit - aber sie galoppieren nicht, sie passen sich dem Rhythmus an, sie verwandeln sich, sie finden ihren Weg in die kreative Ecke des Gehirns, sie inspirieren.

 

Sie werden zu Bildern, die sich nahtlos in die Collage meines nächsten Projekts einfügen, sie helfen der Geschichte, dem Konzept, der Handlung ein Stück weiter. Und die Unrast des Herzens wird über die Unrast des Körpers zum Drang zu schreiben. Da haben wir sie, die schönen Künste. Freud at his best

 

Ich war gleich heute ein zweites Mal laufen. Denn obwohl die Sublimation wunderbar funktioniert, haben die Gefühle, oder der Trieb, kein bisschen nachgelassen. Schließlich ist es nicht die PHYSIKALISCHE Sublimation, die hier stattfindet, bei der eins ins andere übergeht, ohne Rest [nochmal wikipedia gefällig? "...Prozess des unmittelbaren Übergangs eines Stoffes vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand, ohne sich vorher zu verflüssigen."] Man kann sich jetzt darüber streiten, ob es das Schlimme oder das Schöne daran ist, dass, obwohl sich das Laufen, die Inspiration, die Ideen und der Schreibdrang alle aus der Überhöhung des sexuellen Triebs speisen, dieser Trieb (und diese unbändigen Gefühle, die um einiges darüber hinausgehen, aber auch ordentlich Trieb beinhalten) kein bisschen weniger wird. Was für eine Quelle! Selber schuld, wer nicht sublimiert was das Zeug hält! Ist ja hinterher immer noch genug da, womit man ganz andere Dinge anstellen kann.

 

Ich glaube ich muss morgen laufen gehen.

 

Und wer sich nun fragt, was das mit der Playlist aus dem Titel zu tun hat, der muss bis morgen warten - Dann gehen wir der Frage nach, welchen Anteil mein mp3-Player an dieser Freudschen Alchemie hat... war doch klar, dass ein Musikfreak wie ich analysieren muss, was meine Laufmusik so mit mir anstellt, oder?!

 

 

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